Korrektion der Winkelfehlsichtigkeit

Sollte jeder Winkelfehlsichtige eine Prismenbrille tragen, auch wenn er sein Sehen als 'gut genug' empfindet?

Nein, der überwiegende Teil der Mitglieder der IVBV ist nicht dieser Meinung. Sie klären ihre Klient(inn)en/Patient(inn)en über die fachlichen Zusammenhänge auf. Die Entscheidung zur Prismenbrille sollte dann stets von der betroffenen Person ausgehen.

Was bewirkt eine Prismenbrille bei Winkelfehlsichtigen?

Sie entlastet winkelfehlsichtige Menschen von dem für die Augenmuskeln anstrengenden 'Ausrichten' der Sehachsen. Die Augen können ihre anstrengungsärmste Stellung zueinander einnehmen und die Prismenbrille bewirkt, dass die Bilder im Auge dennoch auf die 'richtigen' Stellen treffen, also auf die Stellen mit der höchsten Wahrnehmungsqualität.

Wenn mit Prismenbrille die Sehachsen nicht mehr 'ausgerichtet' werden, dann dürfen die Augen hinter der Prismenbrille also schief stehen? Sieht das dann nicht aus, als würde der Mensch schielen?

Es ist richtig, dass die Augen bei den selten vorkommenden großen Winkelfehlsichtigkeiten hinter der Brille zu schielen scheinen. Der entscheidende Unterschied zum tatsächlichen Schielen besteht aber darin, dass mit der Prismenbrille eine ideale Abbildung des Gesehenen in beide Augen erfolgt, nämlich in beiden Augen exakt auf die Stelle mit der höchsten Bildqualität. Beim wirklich schielenden Menschen ist genau dies nicht der Fall. Bei ihm liegen die Bilder in den beiden Augen auf qualitativ so unterschiedlichen Netzhautstellen, dass ein Verschmelzen beider Bilder zu einem einzelnen Seheindruck nicht möglich ist. Fazit: Winkelfehlsichtige mit Prismenbrille scheinen zwar zu schielen (jedoch nur, falls die Prismen sehr stark sind), haben aber in ihrer anstrengungsärmsten Augenstellung ein ideales beidäugiges Sehen.

Welche Folgen kann es haben, wenn trotz Winkelfehlsichtigkeit keine Prismenbrille getragen wird?

Wenn keine Prismenbrille getragen wird, wird die Steuerung der Augen versuchen, ob das Sehen auch ohne perfektes 'Ausrichten' der Sehachsen funktioniert. Und es funktioniert bis zu einer gewissen Abweichung tatsächlich weiterhin, allerdings nur mit verminderter Qualität. Da die meisten Menschen winkelfehlsichtig sind, sie aber keine Prismenbrille tragen, hat ihr beidäugiges Sehen nicht die bestmögliche Qualität. Solange sie dies bei der täglichen Arbeit nicht beeinträchtigt, werden sie ihr Sehen als 'gut genug' empfinden.