Hans-Joachim Haase

Hans-Joachim Haase wurde im Jahre 1915 als Sohn eines Augenoptikermeisters in Parchim geboren. Nach Beendigung der allgemeinbildenden Schule erlernte er zunächst das Uhrmacherhandwerk und anschließend auch das Augenoptikerhandwerk. Im Jahre 1951 legte H.-J. Haase die Prüfung zum Augenoptikermeister ab.

Im Frühjahr 1953 nahm er seine Lehrtätigkeit an der ältesten deutschsprachigen Weiterbildungsstätte für Augenoptiker, der renommierten Staatlichen Fachschule für Optik und Fototechnik in Berlin auf (heute Studiengang Augenoptik/Optometrie der Beuth Hochschule für Technik Berlin). Er lehrte dort unter anderem Augenglasbestimmung in Theorie und Praxis. So befasste er sich recht bald nicht nur mit den Methoden zur Bestimmung von Brillengläsern, welche Fehlsichtigkeiten des Einzelauges wie Über-, Kurz- und Stabsichtigkeit korrigieren, die also eine scharfe Abbildung des Angeblickten exakt auf der 'Leinwand' - der Netzhaut - des Auges bewirken. Vielmehr faszinierte H.-J. Haase der Gedanke, mit einer Brille dafür zu sorgen, dass das Angeblickte ohne Anstrengung auf der Netzhaut beider Augen nicht nur scharf, sondern zusätzlich auch exakt auf diejenigen Stellen abgebildet wird, welche die höchste Wahrnehmungsqualität ermöglichen.

Es gab und gibt viele Menschen, denen die richtige Ausrichtung ihrer Augen Probleme bereitet. Oft liegen dann die Netzhaut-Bilder auf  nicht optimalen Stellen. Die Idee dazu, diesen Menschen mit einer Prismenbrille zu helfen, war nicht neu. Es gab damals aber keine Messmethode, die einen verlässlichen Wert für die erforderliche prismatische Wirkung der Brillengläser lieferte, die Messergebnisse waren unsicher. Später wurden Umrechnungen für diese unsicheren Messergebnisse angegeben, die aber ebenfalls nicht zu sicher richtigen Werten führen konnten. Gewiss ist dies ein Grund für die bis heute bestehende generelle Zurückhaltung bei der Verordnung von Prismenbrillen bei allen beteiligten Berufsgruppen.

Nach eingehender Analyse und praktischer Erprobung der damals gebräuchlichen Messmethoden ergaben sich für H.-J. Haase Ansatzpunkte für Verbesserungen. Aufbauend auf dem aus Großbritannien stammenden Turville-Infinity-Balance-Verfahren und einer von dem Berliner Augenoptikermeister Karl Schultze vorgeschlagenen neuen Polarisationstechnik entwickelte H.-J. Haase ein eigenes Messgerät, das seither von der Firma Zeiss gebaut und unter dem Namen Polatest® vertrieben wird. Umfangreiche Versuche mit diesem Gerät in den folgenden Jahren führten zu einem neuen, immer weiter verfeinerten Vorgehen, das zunächst als 'Polatest-Methodik' bekannt wurde. Heute wird es nach seinem Vordenker als 'Mess- und Korrektionsmethodik nach H.-J. Haase' - kurz 'MKH' - bezeichnet. Diese Methodik ermöglichte nun die vollständige Übernahme der gemessenen Werte in die Brille und reduziert das Risiko einer Unverträglichkeit erheblich.

Leider sind die Zusammenhänge, die der Methodik zugrundeliegen, relativ komplex. Ihre Anwendung ist zeitaufwändig. Dies mögen Gründe dafür sein, dass ihr Nutzen nicht allgemein und schnell erkannt wurde. So konnte diese Methodik ihre Leistungsfähigkeit in den vergangenen 40 Jahren nur denen beweisen, welche bereit waren, die Methodik intensiv zu erlernen und konsequent anzuwenden. Vor allen Dingen aber konnte damit vielen Menschen nachhaltig geholfen werden, bei denen ein Stellungsfehler der Augen zu Anstrengungsbeschwerden und Sehstörungen geführt hatte.

Es ist den beteiligten Berufsgruppen, besonders aber den durch ihre Winkelfehlsichtigkeit belasteten Menschen zu wünschen, dass die Mess- und Korrektionsmethodik nach H.-J. Haase ihre volle wissenschaftliche Anerkennung finden wird. Hans-Joachim Haase wird dies leider nicht mehr miterleben können. Er verstarb am 20. Dezember 2001.